Casinos in Macau

Nichts geht mehr

China bringt die Glücksspielbranche in Bedrängnis. Ein Besuch in einem Zockerparadies mit schlechten Karten.

Philipp Mattheis Von Philipp Mattheis
14. Dezember 2015, China
Blick über Macau, Foto: Philipp Mattheis

Die Empfangsdamen in der Eingangshalle des Galaxy-Casinos in Macau tragen Weihnachtsmann-Kostüme. Sie sind alle über 1,80 Meter groß – das ist Voraussetzung, um eingestellt zu werden. Die Luft duftet nach Zitrone und Zedernholz. Der Stil: chinesischer Barock – viele Säulen, gülden angepinselt, Bäume, auf die Lichtspiele montiert sind, weiche Teppiche, florale Muster, zwischendrin Werbungen der üblichen Luxusmarken.

Ein bombastischer Ton knallt, er signalisiert den Beginn einer Tanzeinlage, bei deren Höhepunkt hinter dem Wasserspiel ein mannshoher gläserner Diamant erscheint. Deswegen heißt die Halle auch „Diamond Lounge“. Das Galaxy ist eines der größten Casinos der Welt: 1,1 Millionen Quadratmeter, sechs angeschlossene Hotels, 120 Restaurants, 200 Boutiquen.

Foto: Philipp Mattheis

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Hinter der Diamond Lounge beginnt die Spielhalle. Es ist dieselbe gespenstische Ruhe wie in westlichen Casinos, die entsteht, wenn hunderte Menschen sich konzentrieren und kein Wort miteinander sprechen. Nur das Klacken der Chips und das Geklimpere der Automaten unterbricht die Stille. Allerdings gibt es einen Unterschied zu Casinos im Westen: Es gibt so gut wie keine Roulette-Tische. Fast alle Chinesen spielen ein Kartenspiel namens Baccarat, das am ehesten mit dem westlichen Black Jack zu vergleichen ist.

In der Mitte des Casinos ist der Raum für reichere Spieler: Die Einsätze beginnen bei umgerechnet 100 Euro, an manchen Tischen liegen sie bei tausenden. Die richtig Reichen spielen in einem anderen Geschoss, abgeschirmt vom Rest der Zocker. Die Spieler werden hier mit Namen begrüßt. Die Umsätze der „High Roller“ sind zuletzt um die Hälfte eingebrochen. Der Gipfel lag bei 2013 bei 30 Milliarden Dollar im Jahr.

Foto: Philipp Mattheis

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Der Grund liegt in Pekings Kampf gegen die Korruption. Kurz nach seinem Amtsantritt Anfang 2013 begann Xi Jinping mit seiner Anti-Korruptionskampagne. Die Ausmaße haben alle überrascht: Über 100.000 teils hochrangige Beamte und Politiker wurden verhaftet, Banketts wurden zusammengestrichen auf „Vier Gerichte plus Suppe“. Auch gegen die Geldwächse in Macau ging Peking vor. Macau sollte laut dem 12. Fünf-Jahresplan zwar zu einem Unterhaltungszentrum aufgebaut werden, ein Geldwäsche-Paradies aber hatte Peking nicht geplant.

Gerade hat der IWF zwar beschlossen, den chinesischen Yuan in den Korb der Sonderziehungsrechte aufzunehmen, und den Yuan damit einen Schritt näher in Richtung Weltwährung gebracht. Noch immer aber gelten strikte Kapitalverkehrskontrollen. Umgerechnet 50.000 US-Dollar darf ein chinesischer Staatsbürger pro Jahr außer Landes bringen. Gerade aber die chinesischen Superreichen wollen ihr Geld im Ausland anlegen und es vor dem Zugriff des chinesischen Staates schützen.

Foto: Philipp Mattheis

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Bislang führte ein Weg über die Casinos von Macau: Sogenannte Junket-Operators sammelten Yuan von reichen Chinesen auf dem Festland ein. Als Gegenleistung erhielten sie Kredit in den Casinos von Macau. Den Gewinn lassen sie sich in Macau-Patacas oder in Hongkong-Dollars auszahlen. Baccarat kommt dem sehr entgegen. Die Gewinnchancen sind im Vergleich zu Roulette relativ hoch, mit nur einem kleinen Vorteil für die Bank.

Macaus Wirtschaft leidet

Das alte Geschäftsmodell stößt an seine Grenzen. Die Regierung in Peking hat die Anzahl der Bacarrat-Tische beschränkt und geht strenger gegen die Junket-Operators vor. In Macau machen die Tische 95 Prozent des Gesamtumsatzes aus, anders als in Las Vegas, wo der Anteil nur bei 50 Prozent liegt. Das trifft auch die Wirtschaft der ehemaligen portugiesischen Kolonie. Allein das Galaxy beschäftigt 20.000 Mitarbeiter.

Foto: Philipp Mattheis

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Gebaut aber wird trotzdem weiter: Im vergangenen Jahr hat „Phase 3“ des Galaxy-Komplexes eröffnet, Phase 4 soll 2018 folgen. Ein paar Kilometer weiter wurde gerade das Studio City eröffnet, für das Hollywood-Stars wie Leonardo di Caprio werben.

Das Wachstum bringen soll jetzt Chinas neue Mittelschicht.

3 Kommentare
  1. Frank 15. Dezember 2015

    Guter Artikel. Kleiner Verbesserungsvorschlag: es heisst ‚High Roller‘, nicht ‚High Roller Coaster‘.

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    • Mathias Peer
      Mathias Peer 15. Dezember 2015

      Danke für den Hinweis. Wir haben die Stelle geändert.

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  2. Tenio Latev 15. Dezember 2015

    Sehr gut geschrieben und alles sehr akkurat. Ich lebe seit 2010 in der Naehe und habe teilweise freunde die frueher Junket Operators waren. Kann ich alles so besteatigen was hier geschrieben steht!
    Weiter so! Die Menschen im Westen haben kaum ne Ahnung was in China vor sich geht!

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