Indonesien

Wie Saudi-Arabien seine erzkonservative Islam-Auslegung exportiert

Mathias Peer Von Mathias Peer
4. März 2017, Indonesien, Saudi-Arabien, Türkei
Saudi-Arabiens König Salman, Foto: U.S. Department of State

Mathias PeerLiebe Leserinnen und Leser, Saudi-Arabiens König Salman erreichte Indonesien diese Woche mit schwerem Gepäck: 459 Tonnen wurden zur Vorbereitung des Staatsbesuchs angeliefert – darunter mehrere Mercedes-Limousinen und zwei elektrische Rolltreppen, die dem 81-jährigen Monarchen beim Verlassen und Betreten seines Flugzeugs helfen sollen. Indonesiens Wirtschaft erhofft sich von der Reise des absolutistischen Herrschers Milliardeninvestitionen. Doch der wachsende Einfluss Saudi-Arabiens ist in Indonesien nicht unumstritten.

Seit Jahrzehnten finanziert der Staat – neben Russland der größte Ölproduzent der Welt – Schulen und Universitäten in Indonesien, die den in Saudi-Arabien praktizierten Wahhabismus, eine erzkonservative Lesart des Islams, propagieren. Dieses Engagement wollen die Saudis noch weiter ausbauen, wie Botschafter Osama Mohammad Abdullah Alshuaibi vor dem Besuch Salmans ankündigte. Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt und war in der Vergangenheit für seine moderate Auslegung des Islam bekannt. Zuletzt gewannen radikale muslimische Organisationen aber an Einfluss – im vergangenen Jahr hielten sie Massenkundgebungen mit mehr als 100.000 Teilnehmern in Jakarta ab. Menschenrechtsaktivisten warnen vor einer weiteren Verbreitung eines intoleranten Islams, der gegen Minderheiten vorgeht.

Auch auf den Malediven, einer weiteren Station auf Salmans Asien-Tour, breitet sich der Wahhabismus mit saudischer Unterstützung aus. Religiöser Fundamentalismus ist die dunkle Seite des Urlaubsparadieses: Das Land hat den höchsten Pro-Kopf-Anteil an ausgewanderten Extremisten, die für die Terrormiliz IS im Irak und in Syrien kämpfen. Bald könnte Saudi-Arabien auf den Malediven noch stärker Fuß fassen. Berichten zufolge will das Land ein ganzes Atoll erwerben. Die Opposition auf den Malediven ist empört. Auch Nachbar Indien zeigt sich besorgt.

Was halten Sie von der Entwicklung? Schreiben Sie mir an mathiaspeer@8mrd.com.

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Verfolgt: 8MRD-Autor Philipp Mattheis hat viel Erfahrung damit, aus Staaten zu berichten, die mit aller Härte gegen Journalisten vorgehen. Er arbeitete jahrelang als Korrespondent in China und lebt nun in der Türkei. Anlässlich der Verhaftung seines Kollegen Denis Yücel schreibt er über seine Erfahrung als Reporter in dem Land. Er schreibt: „Wer sich selbst zensiert, macht seine Arbeit schlecht.“

Verraten: Die Karriere des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte begleitet eine Blutspur. Während seiner langen Amtszeit als Bürgermeister von Davao City wurden laut Menschenrechtsaktivisten mehr als 1000 Menschen von Todesschwadronen getötet. Ein ehemaliger Polizist behauptet nun, im Auftrag von Duterte getötet zu haben – nicht nur mutmaßliche Kriminelle, sondern auch politische Gegner. Am Montag soll der Kronzeuge vor dem philippinischen Senat aussagen. Warum der Mann für Duterte gefährlich werden könnte, analysiere ich für Zeit Online.

Verdutzt: Die indische Regierung zog im vergangenen Jahr über Nacht mehr als 80 Prozent des Bargelds aus dem Verkehr. Das verursachte wochenlanges Chaos. Wenn man den offiziellen Wachstumszahlen glauben darf, bremste das die gute Konjunktur nicht einmal ansatzweise. Für das vierte Quartal meldeten die Inder ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent – und überraschten damit die meisten Analysten. Warum es berechtigten Zweifel an den Zahlen gibt, wird hier erklärt. Für das „Handelsblatt“ analysierte auch 8MRD-Autor Frederic Spohr die Zahlen. Sein Text findet sich hier hinter der Bezahlschranke.

Verfilmt: Als Joko Widodo noch Gouverneur von Jakarta war, galt er als ein Politiker zum Anfassen: Regelmäßig marschierte er durch die Märkte und Armenviertel der Stadt und erkundigte sich nach den Problemen seiner Bürger. Seit seinem Amtsantritt als Präsident ist die Distanz zum Volk ein wenig größer geworden. Jokowi gibt sich aber Mühe, mit den Indonesiern in Verbindung zu bleiben – als Videoblogger aus dem Präsidentenpalast.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Viele Grüße aus Bangkok
Mathias Peer

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