Wenn die Staatschefs beim Asean-Gipfel am Mittwochabend dinnieren, wird es ein an einem Tisch eine ganz besondere Stimmung herrschen. Wie das Büro des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte mitteilte, wird er direkt neben US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sitzen.
Obama und Ban Ki-moon gehören zu dem schnell wachsenden Kreis jener Menschen, die Duterte mit seinem Lieblingsschimpfwort „Hurensohn“ belegt hat. Sowohl der US-Präsident als auch der UN-Generalsekretär hatten es gewagt, sich kritisch über den von Duterte ausgerufenen Drogenkrieg zu äußern. Es ist ein Thema, das die internationalen Beziehungen des südostasiatischen Staates mit 100 Millionen Einwohnern immer stärker belastet – und das zu einer Zeit, in der die Philippinen ohnehin vor großen diplomatischen Herausforderungen stehen.
Schon in Wahlkampf hatte Duterte damit gedroht, tausende Drogendealer und Süchtige zu töten zu lassen “und in die Bucht von Manila zu werfen bis die Fische dick werden”. Seit mehr als zwei Monaten ist Duterte an der Macht und er tut viel dafür, seine grausamen Wahlversprechen einzulösen. Wiederholt hat Duterte Sicherheitskräfte und Polizisten aufgerufen, Drogendealer und Konsumenten zu erschießen, wenn sie sich einer Festnahme widersetzen. Seit seinem Amtsantritt vor zwei Monaten sind laut Polizei bereits 2400 Menschen getötet worden, rund tausend von Polizisten.
„Absolute Katastrophe für die Menschenrechte“
Wie viele der Opfer tatsächlich mit Drogen zu tun hatten, ist vollkommen ungeklärt. Auch ob die Beamten in Notwehr handelten, wie von der Regierung behauptet wird. Phelim Kine, stellvertretender Asien-Chef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, beschreibt die ersten Wochen von Dutertes Präsidentschaft als „als eine absolute Katastrophe für die Menschenrechte“.
Selbst ausländische Unternehmen sind mittlerweile verunsichert und halten ihre Investitionen zurück, sagt der Chef der Europäischen Handelskammer, Günter Taus dem Handelsblatt (Bezahlschranke) . Das Beratungsunternehmen Capital Economics bezeichnet Duterte als das größte Risiko für die Konjunktur des Landes: Es kämen Zweifel an seiner Zuverlässigkeit sowie an seinem Urteilsvermögen. „Radikal geht Duterte bisher nur im War on Drugs vor“, sagt Wolfgang Heinze, Chef der Friedrich-Naumann-Stiftung in Manila. „Es besteht aber die Gefahr, dass sich Rechtsunsicherheit auch in anderen Bereichen ausbreitet.“
Die Regierung verkauft den Drogenkrieg stattdessen als großen Erfolg. “600.000 Personen haben sich im Rahmen der Kampagne gegen illegale Drogen freiwillig ergeben”, heißt es in einer Broschüre, die auf dem Gipfel in Laos verteilt wurde. Der Polizeichef der Philippinen wird darin mit den Worten zitiert: “Wir sind keine Schlachter, die ohne Grund Menschen töten.”
Duterte verprellt wichtige Partner
Dass Duterte auf den wachsenden internationalen Druck reagieren wird, ist unwahrscheinlich. Innenpolitisch steht der Präsident kaum unter Zugzwang, Umfragen zufolge unterstützen ihn rund 90 Prozent der Filipinos. “Die Kim-Jong-un-mäßigen Zustimmungsraten sind wie ein grünes Licht für weitere Tötungen”, kommentiert Fabio Scarpello, Politikwissenschaftler an der Murdoch Universität in Perth. Stattdessen reagiert mit er Provokationen.
Doch international sorgen Drogenkrieg und Pöbeleien zunehmend für Stirnrunzeln. Diplomatisch befindet sich das Land ohnehin in keiner einfachen Situation. China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich und treibt den Ausbau von Stützpunkten immer weiter voran. Dabei gerät die Volksrepublik nicht nur mit den Philippinen in Konflikt, sondern auch mit Staaten Malaysia, Vietnam und Indonesien. Zuletzt errangen die Philippinen vor einem internationalen Schiedsgericht einen großen Sieg: Das Urteil wies Chinas Anspruch auf das Territorium zurück.
Um den großen Nachbarn nicht zu verärgern, hat Duterte die anderen südostasiatischen Staaten gebeten, das Urteil ja nicht auf dem Gipfel zu thematisieren. Er gilt als deutlich China-freundlicher als sein Vorgänger Benigno Aquino, unter dem die Philippinen Klage eingereicht hatten. Dennoch ist er auf die Unterstützung der USA angewiesen, die seit kurzem sogar wieder Stützpunkte der philippinischen Streitkräfte mitbenutzen dürfen. Auch wenn die Privatfehde mit Barack Obama folgenlos bleiben sollte, so heizt Duterte mit seinen Tiraden doch die Stimmung gegen einen wichtigen Partner an.
Dass China weiterhin nicht vor einer Konfrontation zurückschreckt, zeigte sich vor wenigen Tagen. Da kreuzten mehrere chinesische Schiffe am umstrittenen Scarborough-Riff auf, wo China möglicherweise eine Basis errichten könnte. Der philippinische Verteidigungsminister Delfin Lorenzana nannte den Zwischenfall “sehr besorgniserregend”.
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