Korruption

Übernahme mit dem Bolzenschneider

Ein deutscher Unternehmer in Vietnam kämpft gegen mafiöse Strukturen – und muss sogar Überfälle abwehren.

Frederic Spohr Von Frederic Spohr
9. Mai 2016, Vietnam
Vor dem Werkstor kam es zu Handgreiflichkeiten. Quelle: Heinrich Schenk

Zu diesem Termin in bei Hanoi bin ich nicht ohne Sorgen gefahren. Soll ich weglaufen, wenn wirklich was passiert? Muss ich mich vielleicht sogar verteidigen? Ich hatte den Unternehmer Heinrich Schenk schon ein paar Tage zuvor in seiner Fabrik in Hanoi getroffen. Da erzählte er mir, dass er für Donnerstag wieder mit einem Überfall rechnet. Also entschloss ich mich, noch ein paar Tage länger in Hanoi zu bleiben und zu gucken was passiert.

Als ich ankam, hatte Schenk schon seine Wachmänner am Firmentor verstärkt, selbst sein Fahrer wurde nach vorne abkommandiert.  Die Männer sollten Schenks ehemaligen Geschäftspartner keinesfalls hereinlassen. Der hatte für neun Uhr eine Gesellschafterversammlung im Werk einberufen – für Schenk ist das die Ankündigung eines Angriffs. Nichts anderes war bereits ein paar Wochen zuvor passiert.

Kampf gegen Korruption

Statt wie geplant Spezialpappe für Schuhsohlen zu produzieren, kämpft die pfälzische Unternehmerfamilie Schenk gegen Korruption und mafiöse Strukturen. Dabei läuft es anfangs geschäftlich für ihr Unternehmen Paper Production Industries noch gut: Nicht nur Schuhhersteller nehmen die Pappe seines Unternehmens Paper Production Industries bei Hanoi ab, sondern auch die Automobilindustrie. Mit Bildern und Skizzen erklären er und ein Techniker aus Deutschland den Arbeitern, wie die Maschinen funktionieren. Schließlich beschäftigt Schenk rund 40 Personen in dem Werk. Insgesamt haben die Schenks rund drei Millionen Euro in Produktionsanlage, Personal und Fabrikgebäude investiert.

Doch von Anfang an ergeben sich Spannungen mit den vietnamesischen Geschäftspartnern. Es stellt sich heraus, dass die Vietnamesen ihre Anteile der von ihnen gegründeten Aktiengesellschaft, in das sich die Schenks mit ihrem Unternehmen IVU-Apostelmühle eingekauften, nicht bezahlt haben. “Das war eine komplette Luftnummer”, sagt Schenk. “Aber wir dachten zunächst, dass wir das noch klären können.”

Die Schenks lassen sich hinhalten, stemmen alle Investitionen aus eigener Tasche. Doch dann gehen die Vietnamesen in die Offensive: Vor Gericht und gegenüber den Behörden setzen sie durch, dass die Deutschen ihren Status als Anteilseigner verlieren. Sie werden aus ihrer eigenen Fabrik gedrängt.

Für Schenk gibt es nur eine Erklärung dafür: Schmiergeld. Auch deutsche Behörden gehen davon aus, dass ihm Unrecht getan wurde. In einem Schreiben an die vietnamesische Regierung beklagt die deutsche Botschaft im Fall Schenk “nun schon seit Jahren andauernde Rechtsverletzungen der legitimen Interessen eines deutschen Investors.”

Statt eines brummenden Unternehmens führt Schenk mittlerweile eine Geisterfabrik. Nur noch er, sein vietnamesischer Assistent und eine Buchhalterin harren aus. Der Wind zieht durch die Fenster und rüttelt an den Türen, in Schenks Büro klebt gelber Schimmel in den Ecken. In der fast leeren Fabrikhalle steht eine verlorene Anlage, die längst nicht mehr läuft. Schenks Gegner haben durchgesetzt, dass er derzeit weder im- noch exportieren darf. Auch das Bankkonto ist gesperrt.

Konflikt spitzt sich zu

Vor Gericht hat Schenk im Herbst zwar Recht bekommen – doch die zuständige Behörde setzt das Urteil nicht um. Sie beharrt darauf, dass sich die Eigentumsverhältnisse immer noch nicht ganz geklärt sind. Eine Farce, findet Schenk. Und auch die Botschaft schreibt an die vietnamesische Regierung, dass die Apostelmühle sowie ein vietnamesischer Treuhänder eindeutig die rechtmäßigen Eigentümer seien.



Stattdessen spitzt sich der Konflikt nach der Gerichtsentscheidung weiter zu: Schenks ehemalige Geschäftspartner versuchen, das Werksgelände zu erobern, um dann Dokumente, den Firmenstempel sowie den Schlüssel in Beschlag zu nehmen. Schenk zeigt Fotos vom Februar: Mit Bolzenschneider knacken die Männer das Schloss am Firmentor versuchen das Tor aufzureißen. Schenk und seine Sicherheitsmänner halten mit aller Macht dagegen. Erst als ein alarmierter deutscher Diplomat eintrifft, ziehen die Vietnamesen ab.

Schenk hat mittlerweile die Bundesregierung und EU-Kommission aufgefordert, Vietnam vor das Streitbeilegungsgremium der WTO zu bringen. Auf Anfrage heißt es, man prüfe derzeit diese Möglichkeit. Aber auch: Derartige Verfahren dauerten in der Regel recht lange, man suche auch nach einer diplomatischen Lösung. Aufgeben will Schenk dennoch keinesfalls. Weil er seine Investition nicht verlieren will, aber auch, weil er an die Möglichkeiten in dem Land weiterhin glaubt.

Der Fall von Herrn Schenk war Teil eines Artikels über Rechtsunsicherheit in Schwellenländern für das Handelsblatt.

2 Kommentare
  1. Edmont Dantes 14. Mai 2016

    Das ist lange nicht die Spitze des Eisberges , auch den Konsulaten ist das bekannt – bis zu Hintermänner in der deutschen Botschaft , da werden Pässe gestohlen , erpresst und geraubt und die Botschaft steht
    noch Schmiere – so muss man es richtig einordnen – ansonsten zeigen die Stellungen der Presidenten bzw. EIGENTÜMER in den Firmengründungen die Macht über Konto und Eigentum an !

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  2. Edmont Dantes 17. Mai 2016

    This are little Problems in Vietnam …..Raub bei Ausländern und das Ausmaß weit größer !
    Noch schlimmer sind die Strukturen bei den Telefon Gesellschaften , wer da glaubt er hat eine Tel Nr.
    10 Jahre oder lässt gerade der irrt , eingetragen werden Vietnamesen , die bestimmen Gespräche , Verbindungen oder Geschäftskontakte besonders zum Ausland – da ist NSA nichts zu Manipulationen !
    Gern klären wir zu Fakten auf !

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