Verkehr

Dieses Video zeigt den Wahnsinn auf Thailands Straßen

Nur Libyen hat mehr Verkehrstote.

Mathias Peer Von Mathias Peer
10. November 2015, Thailand
Verkehr in Bangkok, Foto: Mathias Peer

Es ist nicht leicht, sich dieses Video bis zum Ende anzusehen. Zwei Mädchen in Schuluniform laufen auf einem Zebrastreifen über die Straße. Ein Autofahrer sieht die Kinder nicht – und prallt mit seinem Wagen auf eines der Mädchen. Die Bordkamera des Fahrzeugs filmt, wie die Schülerin meterweit nach vorne geschleudert wird. Wirtschaftsstudenten der Kasetsart-Universität in Bangkok haben mehrere Aufnahmen wie diese zu einem verstörenden Film zusammengeschnitten, der an Thailands Autofahrer eine eigentlich selbstverständliche Botschaft richtet: Haltet an für Fußgänger – und überfahrt sie nicht.

Anderthalb Wochen, nachdem die Studenten das Video auf der Facebook-Seite ihrer Kampagne „Stop for Step“ online gestellt haben, hat es dort bereits mehr als 1,7 Millionen Aufrufe erzielt. Das große Interesse der Thailänder hat einen traurigen Hintergrund: Straßenunfälle, die oft tödlich enden, sind in dem Land so häufig, dass fast jeder einen tragischen Vorfall im eigenen Umfeld erlebt hat.

Welche irritierend große Gefahr von Thailands Verkehr ausgeht, zeigt der Ende Oktober veröffentlichte Straßensicherheitsbericht der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Statistik liefert für Thailand Zahlen, die dem Entwicklungsstand des Landes nicht würdig sind. Mit 36 Verkehrstoten pro 100.000 Einwohner im Jahr erhält das beliebte Touristenziel den zweiten Platz auf der Rangliste der unsichersten Straßen der Welt. Nur im Bürgerkriegsland Libyen gibt es laut WHO mehr Tote. Über einen Wert von 30 kommen ansonsten nur Länder wie Malawi, Liberia, Kongo und Tansania. Zum Vergleich: In Deutschland sterben im Straßenverkehr im Schnitt 4,3 Menschen pro 100.000 Einwohner, in der Schweiz sind es 3,3.

Quelle: WHO, Global Status Report on Road Saftey 2015

Drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehen nach Schätzungen der WHO in Folge der Unfälle in Thailand verloren. Gründe für die desaströse Bilanz gibt es laut WHO viele: geringe Sicherheitsvorkehrungen beim Straßenbau, lasche Sitzgurtvorschriften, Fahren unter Alkoholeinfluss und Motorradfahren ohne Helm, listet der Bericht auf.

Der 22-jährige Pongpiti Phasukyud ist einer der Studenten, die mit ihrer „Stop for Step“-Kampagne etwas an der Situation ändern möchten. „Es weiß zwar jedes Kind, dass man nur auf Zebrastreifen über die Straße geht“, sagt er im Gespräch mit 8MRD. „Aber niemand sagt den Autofahrern in Thailand, dass sie auch anhalten müssen.“ Die Einhaltung der Verkehrsregeln werde kaum kontrolliert, die Strafen seien viel zu niedrig. „Niemand hat Angst vor dem Gesetz“, sagt Pongpiti. Er hofft aber, dass sein bereits viel diskutiertes Video dazu beitragen kann, dass sich das Verhalten ändert. „Natürlich geht das nicht über Nacht“, sagt er. „Wir hoffen aber, dass wir die Menschen wenigstens zum Nachdenken bringen.“

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