Liebe Leserinnen und Leser, knapp liegen die Ja-Sager in der Türkei vorne: Laut Wahlkommission votierten 51,4 Prozent für die von Präsident Recep Tayyip Erdoğan gewünschte Verfassungsänderung, die ihm selbst viel mehr Macht geben – und nach Meinung seiner Kritiker der liberalen Demokratie in der Türkei ein Ende bereiten wird.
Die Türkei folgt damit einem besorgniserregenden globalen Trend: Laut der Nichtregierungsorganisation Freedom House sinken die Freiheitsrechte der Weltbevölkerung seit elf Jahren in Folge. Seit 2006 verschlechterte sich die Lage in 109 Ländern – nur in 60 Ländern kam es zu einer Verbesserung. Asiens Schwellenländer stehen im Zentrum der Entwicklung: Chinas Führung schränkt die Meinungsfreiheit weiter ein, der neue philippinische Präsident Rodrigo Duterte macht mit extralegalen Hinrichtungen Politik, Thailands Militärjunta verfolgt Kritiker und Dissidenten, Malaysias Regierung geht gegen Demonstranten vor.
Für die Wirtschaft in den betroffenen Ländern ist der Niedergang der Demokratie in der Regel keine gute Nachricht: Auf den Philippinen fürchten sich Investoren vor der mangelnden Rechtssicherheit und schrecken vor neuen Projekten daher zurück. In Thailand wächst die Wirtschaft unter der Herrschaft der Soldaten deutlich langsamer als im Rest der Region und auch für die Türkei gibt es keine guten Nachrichten: Ökonomen beobachten eine deutliche Verschlechterung des Investitionsklimas. Die Verunsicherung dürfte auch nach dem Referendum nicht verschwinden, sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft.
Was ist Ihre Meinung zum Türkei-Referendum? Schreiben Sie mir an mathiaspeer@8mrd.com.
Diese Inhalte empfehle ich Ihnen:
Die neue Türkei: 8MRD-Autor und „Wirtschaftswoche“-Korrespondent Philipp Mattheis hat nach dem Schließen der Wahllokale in der Türkei mit seinem „Handelsblatt“-Kollegen Ozan Demircan die Lage in dem Land in einem Facebook-Live-Video analysiert. Die Diskussion mit den Zuschauern kann man hier ansehen.
Ruinierter Ruf: Die thailändische Strandmetropole Pattaya wurde von der britischen Boulevardpresse zur Sexhauptstadt der Welt erklärt. Die Behörden wollen nun gegen die Prostitution vorgehen und der Stadt ein familienfreundliches Image geben. Über die bisher vergeblichen Bemühungen habe ich in meiner „Handelsblatt“-Kolumne geschrieben.
Historische Last: Indien ist eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt, doch Hunderte Millionen Inder leben immer noch in Armut. Ein Grund für die Probleme des Subkontinents ist laut dem US-Ökonomie-Professor Tyler Cowen die britische Kolonialherrschaft. Die Briten hinterließen zwar ein umfangreiches Eisenbahnnetz, doch unter dem Strich hätten sie Indien mehr geschadet als genutzt.
Viele Grüße aus Bangkok
Mathias Peer
Sind Sie noch kein Newsletter-Abonnent? Hier können Sie ihn bestellen.