Liebe 8MRD-Leser, spinnt die ganze Welt eigentlich gerade? Ein Verrückter rast in Nizza in eine Menschenmenge, Großbritannien stimmt für den Brexit, Trump wird zum Präsidenschaftskandidaten nominiert und in der Türkei kommt es zu einem Putschversuch. Wie ich die Nacht in Istanbul erlebte, können Sie hier nachlesen. Deutschland wirkt da wie eine Oase des Friedens und der Stabilität, in der sich die Menschen in Ruhe Pokémon Go widmen können.
Erdogan wurde für sein hartes Vorgehen gegen die Putschisten scharf kritisiert. Ich bin der Meinung, dass es noch zu früh ist, von einer „Diktatur“ zu sprechen. Die Gegenmaßnahmen liefen bisher im Rahmen geltender Gesetze ab – auch wenn sie angesichts von 60.000 suspendierten Beamten, Lehrern, Soldaten und Polizisten unverhältnismäßig erscheinen.
Wirtschaftlich aber wird der gescheiterte Putsch negative Auswirkungen haben. Das Leistungsbilanzdefizit ist hoch – die Türkei importiert mehr, als sie exportiert. Die Sparquote in der Türkei ist gering, als Schwellenland muss sie relativ hohe Zinsen am Kapitalmarkt zahlen – deswegen braucht das Land einen konstanten Zustrom von ausländischem Kapital. Das aber kommt nur, wenn es Rechtssicherheit und Stabilität vorfindet. Auch deshalb sind stabile politische Verhältnisse für Schwellenländer so wichtig.
Demokratie ist mehr als ein Fetisch westlicher Politikwissenschaftler. In Staaten, in denen Minderheiten geschützt und repräsentiert sind, kann freies Denken und damit Kreativität gedeihen. Genau das ist notwendig, wenn ein Schwellenland den Sprung in eine höher entwickelte Wirtschaft schaffen will. Viele Staaten bleiben in der berüchtigten „Middle-Income-Trap stecken, weil sie nicht die Voraussetzungen für Innovationen schaffen.
In diesem Sinn, Geçmiş olsun, Turkiye! (Gute Besserung, Türkei!).
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Viele Grüße aus Istanbul
Philipp Mattheis
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