Bei seinem ersten Indien-Besuch als Apple-Chef trifft Tim Cook auf einen mächtigen Fan. Der technikaffine Premierminister Narendra Modi, der täglich twittert und mehr als 33 Millionen Freunde bei Facebook vorzuweisen hat, ist bekennender iPhone-Nutzer. Ob in Dubai, der Mongolei oder Frankreich: Seine Auslandsreisen dokumentiert er mit Handyfotos persönlich. Sogar bei einem Treffen mit Chinas Regierungschef Li Keqiang holte Modi das iPhone aus der Tasche, um mit dem Politiker ein Selfie aufzunehmen.
Cook hofft nun auf Modis Hilfe bei seinem Plan, den Subkontinent als neuen iPhone-Massenmarkt zu erschließen. Nach dem Abschluss seiner China-Reise reiste der Apple-Chef am Dienstag nach Indien. Die Reihenfolge ist kein Zufall: China ist Apples wichtigster Markt außerhalb der USA. Das 1,3 Milliarden Einwohner große Indien könnte laut Cook bald nachfolgen. „Indien ist dort, wo China vor sieben bis zehn Jahren war“, sagte er vor wenigen Wochen bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen. „Ich glaube, dort bietet sich eine wirklich große Chance.“
Zahl der Smartphone-Nutzer verdoppelt sich
Erste Erfolge kann Cook bereits vorweisen: In den ersten drei Monaten des Jahres stiegen die iPhone-Verkaufszahlen in Indien im Vergleich zum Vorjahr um 56 Prozent – während die Zahl der verkauften iPhones weltweit erstmals rückläufig war. Apple profitierte überdurchschnittlich stark von einem der am schnellsten wachsenden Smartphone-Märkte der Welt. Laut einer Untersuchung der US-Bank Morgan Stanley legen die Verkaufszahlen in Indien derzeit jedes Jahr um 23 Prozent zu. Die Zahl der aktuell rund 225 Millionen indischen Smartphone-Nutzer könnte sich damit bis 2018 beinahe verdoppeln. Bereits im kommenden Jahr sollen auf dem Subkontinent laut der Studie mehr Smartphones verkauft werden als in den USA.
Where selfies are concerned, there’s always scope for one more! PM @narendramodi with Premier Li, Temple of Heaven pic.twitter.com/f5Ubv5QajU
— Vikas Swarup (@MEAIndia) 15. Mai 2015
Um die Chancen für sein Unternehmen auszuloten, will Cook in den nächsten Tagen durch Metropolen wie Neu-Delhi und Hyderabad touren. Laut Berichten mehrerer Medien wird er dabei eine Start-up-Initiative vorstellen, die indische Programmierer stärker an Apples Plattform binden soll. Außerdem will er die geplante Eröffnung eigener Apple Stores vorantreiben, für die der Konzern noch eine Genehmigung der indischen Behörden benötigt.
Apple ist zu teuer
Die Verkaufsflächen in den Innenstädten sollen Apple dabei helfen, seinen Marktanteil auszubauen. Dieser liegt derzeit erst bei 2,5 Prozent. Nur jeder zweite Inder kennt laut Morgan Stanley die Marke des Elektronikkonzerns. Ein wesentlicher Grund, weshalb das US-Unternehmen bisher nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung punkten kann, ist der vergleichsweise hohe Preis seiner Produkte. Der Durchschnittspreis für Smartphones lag zu Jahresbeginn bei 160 Dollar. Apples iPhone SE kostet in Indien der günstigsten Variante 580 Dollar.
Ein Plan zur Kostensenkung scheiterte vorerst: Apple hatte vor, gebrauchte iPhones nach Indien zu importieren und sie dort zu einem reduzierten Preis zu verkaufen. Indiens Behörden verweigerten nach Protesten von Apples Konkurrenten bisher die Erlaubnis für das Vorhaben. Das Thema dürfte nun weit oben auf der Gesprächsagenda stehen, wenn Cook – voraussichtlich am Samstag – Premier Modi trifft. Im Vorfeld zeigte sich der Konzernchef optimistisch: „Wir arbeiten seit 18 Monaten mit großer Energie in Indien. Die Ergebnisse ermutigen mich“, sagte er. „Ich glaube, da ist noch viel, viel mehr möglich.“