Fashion Week

Säure-Opfer erobern die Laufstege

Schätzungsweise werden jedes Jahr 1500 Frauen Opfer solcher Angriffe.


14. September 2016, Indien
Mounira Akter wurde Opfer einer Säureattacke in Bangladesch. Foto: Ricci Coughlan/DFID

Für die Besucher der Modeshow im schicken Londoner Waldorf Hotel dürfte es ein ungewohnter Anblick gewesen sein: Über den Laufsteg huschten nicht nur makellose Models, sondern auch zwei Frauen, deren Gesichter von tiefen Narben durchfurcht waren. Die Britin Adele Bellis, 24, und die Inderin Laxmi, 28, deren Nachname ein Geheimnis ist, waren Opfer von Säureattacken.

Säure-Opfer erobern als Models den Laufsteg. Nicht auf der  Vorveranstaltung der Londoner Fashion Week in dieser Woche posierten sie im Blitzlichtgewitter. Erst vor wenigen Tagen schritt die Inderin Reshma Qureshi, 19, über den Catwalk der New York Fashion Week.

Die Aktionen sollen auf die zahlreichen Säure-Attacken gegen Frauen aufmerksam machen. Schätzungsweise werden jedes Jahr weltweit mindestens 1500 Frauen durch derartige Angriffe schwer verletzt. Viele verlieren dabei ihr Augenlicht, manchmal werden sie sogar getötet. Besonders in Südasien und dem Nahen Osten greifen enttäuschte Liebhaber auf diese grausame Weise Frauen an. Als Waffe dient ihnen oft Schwefel- oder Salpetersäure, gelegentlich auch Salzsäure.

Laxmi, die nun in London auftrat, machte als 15-Jährige einen Spaziergang durch Delhi als ein Stalker Säure über sie schüttete. Zuvor hatte sie sich zehn Monate lang gegen dessen Avancen gewehrt. Nach der Attacke musste sie zweieinhalb Monate im Krankenhaus behandelt werden.

Trotz ihrer Narben versteckt Laxmi sich nicht: Sie gründete die Organisation “Stop Acid Attacks”, um gegen die Säureattacken in ihrem Heimatland etwas zu unternehmen. Mittlerweile ist sie eine der bekanntesten Frauen-Aktivisten des Subkontinents. Sie modelte auch schon für ein bekanntes indisches Mode-Label – und zeigt so betroffenen Frauen, dass sie offen mit ihren Verletzungen umgehen können.

Mit ihrer Organisation erreichte Laxmi, dass der Verkauf von Säure in Indien stärker reglementiert wird. Außerdem kommt der indische Staat mittlerweile für die medizinische Behandlung der Opfer auf. Oft scheitert es aber noch an der Durchsetzung der Gesetze.

Doch während in Indien die scheußlichen Attacken immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, nehmen sie auch in Europa zu. In England haben sie sich offiziellen Zahlen zufolge in den vergangenen zehn Jahren auf etwa 100 Fälle pro Jahr verdoppelt. Die Britin Bellis, die mit Laxmi über den Laufsteg in London ging, wurde vor etwa zwei Jahren von ihrem Ex-Partner verätzt. Dass solche Attacken auch in Europa passierten, überraschte Laxmi. Sie dachte, so etwas würde nur in Staaten wie Indien passieren.

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