Die Politiker der indischen Metropole Neu-Delhi geben wegen des starken Smogs zu Jahresbeginn ein ungewohntes Bild ab. Der Regierungschef der Hauptstadtregion, Arvind Kejrival, fuhr am Montag in einer Fahrgemeinschaft mit seinem Transportminister im Kleinwagen Tata Nano ins Büro. Der Tourismusminister Kapil Mishra zwängte sich auf dem Weg zur Arbeit mit seiner rosaroten Lunchbox in einen öffentlichen Nahverkehrsbus.
On my way to office #IamWithOddEven pic.twitter.com/WSo9dVdgMQ
— Kapil Mishra (@KapilMishraAAP) 4. Januar 2016
Dass die Kabinettsmitglieder auf ihre Dienstautos verzichten, liegt an einer Vorschrift, die sie zum Jahreswechsel selbst in Kraft gesetzt haben: Autobesitzer dürfen ihr Fahrzeug nur noch jeden zweiten Tag benutzen. Ob ein Wagen fahren darf, hängt davon ab, ob das Kennzeichen mit einer geraden oder ungeraden Zahl endet. Das Experiment, das zunächst auf 15 Tage ausgelegt ist, soll Delhis exorbitante Luftverschmutzung eindämmen. Sie ist laut der Weltgesundheitsorganisation WHO so hoch wie in keiner anderen Großstadt – sogar in China ist der Smog weniger schlimm.
Trotz des Fahrverbotes für die halbe Stadt lag die Feinstaubbelastung am ersten Arbeitstag des Jahres 20-fach über dem als ungefährlich geltenden Grenzwert. Doch Fachleute glauben, dass die Beschränkung des Verkehrs eine spürbare Wirkung entfalten könnte. „Wir sehen es als eine Chance“, kommentiert Anumita Roychowdhury, Geschäftsführerin bei der indischen Nichtregierungsorganisation Centre for Science and Environment.
Viele Ausnahmen bei Fahrverboten
Aus Sicht der Umweltforscherin geht Delhis Regierung aber noch nicht weit genug. Bei den Fahrverboten gibt es viele Ausnahmen. So dürfen Autos, die ausschließlich von Frauen besetzt sind, an jedem Tag fahren. Auch für die fünf Millionen Mopeds und Motorräder gibt es keine Einschränkungen. Sie sind laut Roychowdhury aber die größten Umweltsünder: „Man wird die gewünschten Resultate nicht erreichen, solange nicht alle großen Luftverschmutzer berücksichtigt werden.“
Ministerpräsident Kejriwal, der mit seiner Antikorruptionspartei AAP vor einem Jahr einen Erdrutschsieg erzielte, sprach hingegen bereits am ersten Tag von einem Erfolg: „Die Menschen haben den Kampf gegen die Luftverschmutzung angenommen“, verkündete der Politiker. Tatsächlich waren nur wenige Autos auf den Straßen zu sehen, die sich nicht an die Vorschrift hielten. Verstöße werden mit einem für indische Verhältnisse hohen Bußgeld von 2.000 Rupien, rund 28 Euro, geahndet.
Entspannte Rushhour
Trotz der Einschränkungen äußerten sich viele Autofahrer positiv. Der Berufspendler Prateek Khurana gehörte am Montag zu jenen, die fahren durften. Für die 26 Kilometer zur Arbeit brauchte er weniger als eine Stunde – normalerweise dauert die Fahrt mehr als 90 Minuten. Dass er sich für Dienstag eine Mitfahrgelegenheit organisieren muss, stört ihn nicht: „Wenn ich jeden Tag eine Stunde Fahrzeit sparen kann, akzeptiere ich das gerne.“